

Dort wo sich Dunkelheit und Stille gefunden hatten, dort weilte Eluive und
lauschte dem Nichts. Im Laufe der Zeit formte sich aus ihren Gedanken eine Melodie
die schnell die Stille vertrieb und die Dunkelheit belebte. Klänge formten
sich zu Gestein. In der Ferne hörte Horteras die Melodie und wie Eluive
dazu sang. 'Es hat also begonnen' dachte er und erinnerte sich daran wie er
sie warnte. Doch ihr Gesang war so schön, dass sie seine zweifelhaften
Gedanken vertrieb und er nur noch ihr und den Klängen lauschte. Eluive
sang weiter, denn sie erwartete zwei Kinder, und ihre Stimme war dazu gemacht
um Welten zu formen auf der diese leben konnten. Das Gestein nahm Form an, die
Melodie durchfuhr die Erde wie eine Schlange und so entstanden Berge und Höhlen.
Eluive gebot der Melodie sich nieder zu legen, und sie tat es. So entstanden
Flüsse und Seen, und das Plätschern des Wassers ähnelt der alten
Melodie noch heute. Eluive betrachtete das Werk ihrer Musik und sie war zufrieden.
Ihre Kreativität war jedoch lange nicht ausgeschöpft. Gestirne hatten
sich aus den Klängen gebildet die weit zu hören gewesen waren. Ihnen
gebot Eluive Instrumente zu spielen. In der göttlichen Harmonie mit dem
Wasser und den Instrumenten der Gestirne wurde das Land fruchtbar und Eluive
gebot den Pflanzen in die Höhe zu wachsen. Gräser, Sträucher,
und Kräuter wuchsen so heran. Sie war angetan von der Vielfalt der Pflanzen
und erschuf größere Pflanzen, die alle anderen überragten und
schenkte ihnen sogar ein eigenes Lied, das Lied des Waldes. Eluive war angetan
von dem was sie erschaffen hatte. Doch etwas fehlte in dieser Harmonie der Landschaft;
Leben, welches Veränderungen bringt. So schuf Eluive die Tiere. Ein jedes
in seiner Vielfalt, in seiner eigenen Art mit dem Leben und seiner Umwelt umzugehen.
Es schien perfekt, doch Eluive wollte mehr und so tat sie einen Schritt vor
dem Horteras sie eindringlich gewarnt hatte. Sie nahm etwas Erde und etwas Melodie,
formte ein Wesen daraus und nannte ihn Mensch. Er war ein Mensch wie Du und
ich, nur von seiner Schönheit her perfekt, doch war er einsam. Eluive spürte
sein Verlangen nach etwas anderem. Zwar war sein Heim schön und glich einem
Paradies, doch ihm fehlte ein Gegenüber. Jemand mit dem er reden und singen
und sich über alles freuen konnte. Eluive spürte was dem Menschen
fehlte und erschuf nach seinem Abbild einige Männer und Frauen und schenkte
ihnen damit die Fähigkeit sich fortzupflanzen. Horteras kam zu Eluive und
lauschte der Melodie. „Eluive“ sprach Horteras zu ihr, die bewunderte
was sie geschaffen hatte, „Du solltest sie nicht namenlos lassen“.
Sie sah ihn an, und sprach „Recht hast Du Bruder, ich nenne diese Welt
so, wie die Eigenschaft dieser Melodie; Thair (Harmonie)“. Horteras besah
den Planeten und antwortete „Ala’thair (frei übersetzt: Freie
Harmonie)“ „So sei es“ sprach Eluive und fortan war Alathair
der Name der Welt. Bald war es soweit und Eluive würde ihre Kinder gebären.
Alathair würde bereit sein müssen.

Friedliche Zeiten
waren es, als die Menschen sich auf Alathair verbreiteten. In ihrer Kreativität
zeigte sich, dass sie wahrlich Eluives Geschöpfe waren. Sie erfanden simple
Werkzeuge um sich die Arbeit zu erleichtern, pflanzten wunderschöne Gärten
an, und dankten Eluive für ihre Existenz. Alles war gut wie es war. Und
nun sollten die Menschen nicht mehr ihr selber huldigen, sondern ihren Kindern,
den eigentlichen Verwaltern dieser Welt. Die Menschen gaben den Ländern
die schönsten Namen, und all dies gefiel Eluive. Sie freute sich an den
Melodien die die Gestirne für die Menschen spielten, wann immer sie das
Bedürfnis hatten. Und so begab sich Eluive zum Berg, den die Menschen seither
Nilzadan (Geburt), oder auch Götterberg nennen. Eluive verweilte in den
Höhlen dieses Berges ein Jahr der Götter. Und dort gebar sie ihr erstes
Kind. Sein Name war Getares (Der Erste). Getares hatte ein menschliches Gesicht,
seine Gestalt glich aber dem eines großen Vogels. Obwohl das Wesen, wie
alle Götter, geschlechtslos war, erschien es den Menschen eher männlich
denn weiblich. Ehern war sein Gefieder und es glänzte in jeder Farbe. Gleich
von welcher Seite man ihn betrachtete, es schien beinah als hätte jede
Sichtweise ihre eigene Farbe. Dennoch war seine Gestalt für Menschen nicht
greifbar, denn nicht aus Fleisch und Blut bestand Getares. Wie Eluive, war Getares
ein Gott der zwar noch nicht viel von seiner Macht wusste, der aber schon die
Eigenschaften eines Gottes hatte. Hier und dort sein zu können. Sichtbar
und unsichtbar sein zu können. Eluive schenkte ihm Verstand und gebot ihm
seine Aufgabe, das Wohl der Menschen. Getares nahm seinen Auftrag entgegen und
schaute sich in der Welt um. Die Melodien der Gestirne verrieten ihm dabei alles
was er über Menschen wissen konnte. Eluive begab sich ein weiteres Mal
nach Nilzadan und gebar ihren zweiten Sohn Alatar (Freier Gedanke). Dieser hatte
den Körper einer Raubkatze. Das Fell schimmerte, doch jede Sekunde wechselte
es die Farbe. Auch ihm gab Eluive seinen Auftrag - das Wohlbefinden der Tier-
und Pflanzenwelt - und Verstand um ihn ausführen zu können. Auch Alatar
dankte Eluive und erforschte Alathair, um seiner Aufgabe gerecht zu werden.
Beide Kinder Eluives waren zunächst sehr damit beschäftigt ihre Kräfte
kennen zu lernen, um sie für das Wohl derer einzusetzen, die ihnen ans
Herz gelegt war. Eluive verweilte in der Sphäre über Alathair um Ihren
Kindern Zeit zu geben ihr Fragen zu stellen, sollten sie welche haben.

Nach wenigen Götterjahren
merkte Alatar, dass seine Kräfte mit seiner Aufgabe niemals ausgenutzt
sein würden. Außerdem sah er wie die Menschen Getares anbeteten,
und ihm dankten was er für sie tat. Neid wuchs in Alatar. Fortan kümmerte
er sich nicht mehr um die Tiere, sondern begann sich in die Angelegenheiten
der Menschen einzumischen. Doch die Menschen dankten nicht ihm, sondern huldigten
weiterhin Getares, da sie es für seine Werke hielten. Viele Tiere spürten,
dass Alatar ihnen keine Aufmerksamkeit mehr widmete und wurden zornig. Sie griffen
die Menschen an, um ihren Hunger zu stillen. Doch Alatar hatte dafür kein
Interesse mehr. Er kam zu Eluive und fragte ob er nicht ebenfalls den Menschen
dienen könne. Doch Eluive fragte ihn, warum er seiner Aufgabe nicht nachkäme
und die Tiere zornig waren. Alatar wandte sich ab von Eluive und sein Fell hörte
auf in verschiedenen Farben zu schimmern, und wurde von Tag zu Tag dunkler,
bis es zuletzt nur noch schwarz glänzte. In seinem Zorn raubte er die Jungfrauen
aus Varuna, einer der größeren Menschensiedlungen. Er stahl ihnen
den Verstand, entstellte ihre Gesichter und formte ihre Körper denen von
Vögeln nach. Alatars Neid war zu Hass herangewachsen und hatte die Jungfrauen
unbewusst der Gestalt Getares nachgeahmt. Als er dies bemerkte tötete er
ein Drittel der Kreaturen. Die anderen ließ er entfliehen, um bei den
Menschen Angst und Schrecken zu verbreiten. Seither sind diese Wesen bekannt
als Schicksalstränen Varunas. Alatar wurde immer zorniger und mit der Zeit
formte sich ein Plan in seinen Gedanken, mit dem er die Menschen dazu bringen
konnten ihm nachzufolgen, anstatt seinem Bruder. So begab er sich zu der Siedlung
Fetrali und suchte sich eine junge Frau um sie zu schwängern. Ihr Name
war Paia und ihre Schönheit war einzigartig auf Alathair. Ihr Haar glänzte
schwarz und ihre Haut war von der Sonne selbst gezeichnet. Paia schlief als
Alatar sich an ihr verging, und ihr die Saat des Hasses in die Gebärmutter
pflanzte. Ein Götterjahr dauerte die Schwangerschaft Paias. In dieser Zeit
machten sich die Menschen in Fetrali große Sorgen um die junge Paia, denn
sie hatte noch keinen Mann und es war unüblich, dass unverheiratete Frauen
ein Kind erwarteten, und dann noch über eine so lange Zeit. Einige Menschen
aus Fetrali erklärten, man solle sie verbrennen und es wäre eine Teufelei
im Gange. Andere sagten man solle Getares rufen, um ihn zu fragen was zu tun
sei. Und schließlich rief man nach Getares, dem Freund der Menschen. Als
er den Menschen erschien sah er sogleich die Ursache des Problems und er begann
zu weinen, denn Paia trug die Saat seines Bruders Alatar so tief in sich, dass
es nicht möglich war die Saat zu entfernen ohne Paia dabei zu töten.
Getares brachte es nicht übers Herz Paia zu töten, denn ihre Schönheit
war der einer Göttin gleich. Seine Tränen ließen den Boden gefrieren
und er entschied zu warten bis Paia die Saat ausgetragen hatte. In dieser Zeit
kümmerte sich Getares besonders um die Siedlung Fetrali, aber auch andere
Menschen brauchten seine Hilfe, denn die Schicksalstränen Varunas fielen
oft über die Bauern der Menschen her und zerrissen ihre Körper wie
wilde Tiere. Die Zeit Paias war gekommen und sie gebar das Kind Alatars. So
groß waren die Schmerzen der Geburt, dass sie Paia verzehrten und sie
sterben ließen. Und die Menschen aus Fetrali riefen nach Getares. Sie
weinten und töteten das Kind Alatars in ihrem Zorn. Und so hatte Alatar
den Hass in die Welt gebracht. Der Hass ließ die Menschen taub werden
für die Melodien, die die Gestirne spielten und sie fingen an sich gegenseitig
zu misstrauen. Sie hatten Angst, dass Alatar unter ihnen war, denn sie wussten
nichts von seiner Gestalt. Getares nahm Paias Körper mit zum Nilzadan und
beweinte ihn dort lange Zeit. Er bat Eluive, sich an seinem Bruder rächen
zu dürfen. Eluive aber sah ihn an und fragte „Du willst eines meiner
Kinder töten, so wie er eines deiner Kinder tötete?“ Getares
bat um Verzeihung und bleib ein Götterjahr in Nilzidan bei Paia. Während
dessen war Alatar nicht untätig geblieben. Er hatte es geschafft die von
Zorn und Hass erblindeten Menschen für sich zu gewinnen in dem er ihnen
Lügen über Getares und Eluive erzählte. Er schürte ihren
Hass und schließlich wollten die Menschen, die unter seinem Bann standen
einen Krieg gegen Getares führen und ihn von dieser Welt verbannen, oder
sogar töten.

Die Menschen fürchteten sich, denn niemand
konnte wissen welche Teufelei Alatar und seine Anhänger als nächstes
im Schilde führten. Viele Menschen hatte er schon in den Tod gerissen und
die Angst fraß sich in den Verstand der Menschen. Viele Menschen entschieden
sich Alatar anzubeten, um dem Tod zu entrinnen, doch ebenso viele wandten sich
an Getares um seinen Schutz zu erbitten. Ein Riss ging durch die Menschen. Dörfer
begannen sich zu bekriegen, sogar innerhalb einiger Dörfer wurde gestritten
welchem Gott man sich um des Dorfes willen zuwandte. Diese Periode wird noch
heute als der Bruderkrieg betitelt. Nicht nur die Brüder Alatar und Getares
bekämpften einander, sondern selbst in den Familien der Menschen erntete
Alatar die bösartigen Früchte des Hasses. Unter Feuer und Asche war
dies eine Zeit des Elends und der Not. Not, aus der neue Hoffnung geschöpft
ward.
4.1. Die Angurer:
Aus den Trümmern von Bal’thar, eines
Dorfes im Norden, welches im Bruderkrieg durch Alatar totale Zerstörung
erfuhr erhoben sich drei Männer, Angur, Largur und Björn. Sie waren
mittleren Alters und den Verhältnissen des Nordens entsprechend kräftig
gebaut und zäh. Bei einem Lagerfeuer aus den Überresten der Behausung
Angurs beredeten die drei was zu tun sei. Ihre Frauen waren verbrannt, oder
von den Dienern Alatars verschleppt worden, ebenso ihre Familien. Hass keimte
in ihren Herzen. Sie hassten Alatar, weil er ihre Angehörigen umgebracht
hatten und Getares, weil er dieses nicht verhindert hatte. Zwar waren sie bisher
nur Bauern und Björn ein Hirte gewesen, aber wer mit einem Hirtenstab umgehen
konnte, der schaffte das sicher auch mit einer Axt oder einer Hellebarde. Die
Vergangenheit hatte ihnen einmal alles genommen, beim nächsten Mal würden
sie vorbereitet sein. Angur nahm sich eine Axt, Irias einen Bogen und Björn
ein Breitschwert. Sie wirkten von weitem wie eine Räuberbande, doch wenn
man sich ihnen näherte konnte man den Schmerz in ihrem Gesicht lesen, der
sie zu dem gemacht hatte, was sie nun waren. Langsam und ohne Ziel trotteten
sie vor sich hin. Ihr Weg führte sie nordwärts bis ins nächste
Dorf, welches dicht an der Vegetationsgrenze lag. Sie fanden Unterkunft in einem
verlassenen Haus, und ein Lagerfeuer half ihnen die Nacht zu überstehen.
Die Menschen in dem Dorf, in dem die drei nächtigten waren erschüttert,
als sie das Schicksal ihres Nachbardorfs erfuhren. Sie baten die drei zu bleiben
und Bewohner ihres Dorfes zu werden. Kurzzeitig legten sich die Streitereien
in diesem Dorf. Der Hass und der Neid waren vorerst vertrieben durch die grausame
Kunde Bal’thars. Die drei hatten sich gerade eingelebt, als die Menschen
erneut begannen sich zu misstrauen. Der Hass hatte zurückgefunden und zerstörte
die junge Einigkeit des Dorfes. Angur forderte die Menschen auf einzuhalten
und sich an Bal’thar zu erinnern, doch wenige schenkten ihm Gehör.
Ein stämmiger Mann namens Ulf stellte sich Angur entgegen und beschimpfte
ihn als Anhänger Getares. Angur hegte noch immer seinen Hass allein gegen
die beiden Brüder. Es gelang ihm die aufsteigende Wut zu kanalisieren und
antwortete dem Mann friedfertig. „Weder Alatar, noch Getares nenne ich
meinen Herren“ Erstaunt sahen die Menschen nun zu ihm auf. Bisher hatten
sie nie daran gedacht keinen der Götter zu verehren, und diese Sichtweise
erweiterte ihren Horizont. Ulf wurde zorniger und zorniger, Alatars Hass hatte
sich schon zu tief in sein Herz gefressen. Er griff sich eine Keule, die an
einer Hauswand lehnte und begann brüllend auf Angur zuzustürmen. Kurz
bevor die Keule auf Angur traf, kreuzte ein Breitschwert ihren Weg. Das Holz
splitterte und das Schwert blieb in der großen Holzkeule stecken. Nachdem
sich Ulf von der Überraschung erholt hatte, hob er erneut die Keule. Das
Schwert löste sich und landete hinter Ulf in der Erde, während die
Umstehenden davor zurückwichen. Der Schlag traf Björn mit voller Wucht.
Die Stille die folgte, als Björn leblos zusammensackte war gespenstisch.
Ein Windhauch wehte Björns langes Haar in die Blutlache die sich langsam
bildete. Ulf begann zu lachen. Es war eine Genugtuung für ihn Björn
tot vor sich liegen zu sehen, doch gleichzeitig wuchs der Durst nach mehr. Mehr
Blut für Alatar. Sein eigentlicher Gegner, Angur lebte noch und er sollte
sein nächstes Opfer werden. Ulf nahm den Griff des Schwertes und ging nun
mit beidhändig bewaffnet widerum auf Angur zu. Diesmal behielt er seinen
zweiten Freund besser im Auge. Irias zielte bereits auf Ulf mit dem Bogen und
warnte ihn weiterzugehen. Als der Hühne nicht stoppte ließ er den
Pfeil los, doch der ungeübte Schütze hatte kein Glück und verfehlte
Ulf um Zentimeter. Zu Spät wich er dem Schwerthieb aus. Blut quoll aus
der Wunde am Arm, und zu geschockt von der Verletzung starrte er nur der Keule
entgegen die ihn als nächstes treffen sollte. Rippen brachen und schnürten
Irias die Luft ab, als Ulfs Körper auf ihn fiel und ihn unter sich begrub.
Ulfs Kopf kullerte über den harten Erdboden und blieb auf dem Stumpf liegen.
Noch immer war Ulfs Gesicht Hasserfüllt und kalt. Mit Mühe befreite
Angur Irias von Ulfs Rumpf. Vorsichtig hob er Irias Kopf an, aber der Lebensodem
Eluives verließ ihn bereits. Angur weinte und schloss die Augen seiner
beiden Freunde. Dann strich er die Tränen auf ihre Stirn und sah sich um.
Betretenes Schweigen herrschte vor. Von den drei Fremden die sie einst aufgenommen
hatten, wurden zwei von einem der Ihren umgebracht. Fordernd sah sich Angur
um und sprach laut zu allen die umherstanden: „Seht euch an, was euch
eure Götter bringen. Ist es das was ihr wollt? Nichts weiter als den Tod?“
Ein älterer Mann trat vor und sagte „Sag uns was wir tun können,
wir stehen in deiner Schuld“ Angur schüttelte den Kopf. „Mich
hält hier nichts mehr. Lebt euer Leben und denkt an meine Worte. Entsagt
den Göttern oder sterbt mit ihnen zusammen“ Angur bahnte sich einen
Weg aus dem Menschenkreis bis der Alte erneut sprach: „Deine Worte sind
weise, lass mich dich begleiten“ Seufzend blickte Angur zurück und
seine Blicke schweiften umher, während sich immer mehr Menschen zu dem
Alten stellten. Wo sein Blick von einem anderen Augenpaar gestreift wurde, erntete
er ein sachtes Nicken. Kein einziger Bewohner des Dorfes wollte sich den Machenschaften
von Alatar weiterhin aussetzen. „Ich gehe dorthin, wo kein Mensch je zuvor
gewesen ist. In die Eiswüste.“ Seine Worte wurden erneut benickt
und nun begann Angur zu verstehen. Dieses Dorf, voll von tapferen Männern,
Frauen und Kindern wollten seinem Beispiel folgen, doch hatten sie allein nicht
die Kraft den Göttern zu entsagen. Sie brauchten einen Führer, der
bis dahin offensichtlich Ulf gewesen war. So erteilte Angur seine ersten Anweisungen.
Proviant wurde gepackt, Zelte wurden hergestellt und Pferde wurden beladen.
Innerhalb von drei Tagen waren die Vorbereitungen der Wanderung abgeschlossen
und die Menschen hatten ein neues Ziel. Es ging voran, niemand empfand mehr
Neid, Hass oder Angst. Und schließlich konnte die Reise beginnen. Die
Anhänger Angurs zogen weit in den Norden. Die Eiswüste war eine Halbinsel
und nur über einen schmalen Pass betretbar und es dauerte einen und einen
halben Tag bis alle Angurer sich in der Eiswüste befanden. In dieser Nacht
fegte ein gewaltiges Gewitter über den Norden Alathairs hinweg, Blitze
durchzuckten die Nacht und trennten die Halbinsel vom Festland. Der nächste
Morgen war erfüllt von verzweifeltem Jammern. Der „Heimweg“
war abgeschnitten, der Punkt ohne Wiederkehr war erreicht. Aber Angur schenkte
ihnen neue Hoffnung, indem er ihnen versprach dass Alatar ihnen niemals hierher
folgen würde und sie nun Frieden hätten. Ein großes Lager wurde
errichtet und ein Feuer entfacht. Die Kälte war lebensfeindlich, aber die
Angurer waren Kälte gewohnt, wenn auch nicht in dem Ausmaß. Mit der
Zeit gewöhnte man sich an die dicke Kleidung die zu tragen war und Angur
verbrachte viel Zeit damit Riten zu erschaffen, mit welchem man Alatars Hass
aus seinem Herzen verbannen konnte. Angur wurde zu einem mächtigen Führer
und fortan nannten sich seine Anhänger mit Stolz Angurer.
Zwischenspiel
Alatar hatte unterdessen ganz Alathair in einen Krieg geworfen. Chaos herrschte.
Weinende Frauen und heimatlose Kinder. Alatar erfreute sich an dem Anblick
und verhöhnte Getares. „Sieh her wie Du deine Menschen unter Kontrolle
hast. Sie haben Angst“ so rief er ihm zu. Getares antwortete nicht. Zu
sehr war er damit beschäftigt Kraft zu sammeln um Alatar die Macht über
die Menschen zu nehmen. Alatar lachte laut auf, als er sah was Getares versuchte.
Er nahm einen großen Felsen und schleuderte ihn gen Getares. Stark taumelte
Getares und fiel zu Boden. Seine Flügel waren geknickt und nicht mehr
zu gebrauchen. Nun sah Alatar seine Chance. Wenn er Getares endgültig
beseitigte, würde er über alles herrschen können. Alatar nahm
den Felsen, und formte daraus einen großen Speer mit Widerhaken. Bevor
Getares erahnte was Alatar vorhatte, durchbohrte ihn die Spitze in der Höhe,
wo man bei einem normalen Vogel das Herz vermuten würde. Getares schrie
auf. Seine Rufe waren bis zu den Gestirnen zu hören, bis seine ganze Kraft
auf Alatar übergegangen war. Der übriggebliebene Bruder sog die Kraft
in sich auf wie ein Durstiger kühles Wasser. Eluive erschrak als sie die
Schreie Getares hörte, waren sie doch grell und noch nie zuvor zu hören
gewesen. Augenblicklich begab sie sich an den Ort von dem die Schreie ausgingen.
Alatar sah sie kommen und versuchte sich hinter einem großen Berg zu
verstecken. Eluive weinte. Sie weinte lang und ausgiebig und nun wusste sie,
warum Horteras sie einst warnte. Ihre Tränen sammelten sich um Getares
und zogen ihn in die Tiefe. Gezeichnet von diesem Ereignis würde dieser
Ort für lange Zeit keine großartigen Früchte bringen, oder
Lebewesen beherbergen. Eluive spürte etwas Seltsames. Sie hatte eine grausame
Vorahnung was passieren würde wenn Alatars Macht gewachsen war. Wenn sie
weiter wachsen würde und zu was er fähig sein würde. Sie zog
sich zurück
nach Nilzada, dem Ort für den selbst Alatar einen gewissen Respekt entgegenbrachte
und ihn deswegen mied. Auch die Menschen hörten Getares Todesschreie und
alle Streitereien waren für kurze Zeit vergessen, denn die Schreie reinigten
ihren Geist und es kehrte Frieden ein, der von der Trauer um Getares überschattet
war.
4.2. Die Menekaner
Im Süden Alathairs spielte sich eine ähnliche Szene ab. In dieser
schweren Zeit waren die Anhänger Eluives eine Minderheit. Einer von ihnen,
sein Name war Saajid, begann damit Gleichgesinnte um sich zu sammeln. Er zog
von Dorf zu Dorf und erzählte von einer Vision die er hatte. Sie erzählte
davon wie Eluive ein neues Land für die Menschen bereithielt. Einige Menschen
glaubten ihm, doch auch wurde er verspottet und aus den Dörfern vertrieben.
So hatte Saajid eine kleine Schar von fünfzig Männern und Frauen um
sich gesammelt und begab sich mit ihnen auf Wanderschaft. Saajid selber wusste
nicht wohin die Reise gehen sollte, doch er hielt seine Jünger in dem Glauben
dass Eluive selber ihn führen würde. So wanderten sie einige Monate
umher. Und zu der Zeit als Alatar seinem Bruder Getares das Leben nahm ergoss
sich ein gigantischer Regen; die Tränen Eluives. Saajid und seine Schar
sahen den Regen von weitem und sie waren die einzigen Zeugen dieses Ereignisses.
Der Regen befeuchtete die Erde, welche sich in den Himmel erhob. So entstanden
die Salzberge von Cantar. Saajid und seine Schar fielen auf die Knie, beteten
zu Eluive und dankten ihr für das Zeichen. Neuen Mutes gingen sie auf ihr
neues Land zu. Der Regen dauerte ein halbes Götterjahr. Die Wiesen und
Felder wurden salzig und die Früchte die sie hervorbrachten ungenießbar.
In den ersten Monaten dieser Zeit waren die Bewohner von Menek’Ur (Neues
Land) unglücklich darüber, denn mehr und mehr drohte ihnen eine Hungersnot.
Und als der Regen nachließ verdorrte das bis dahin grüne Land und
wurde zu einer steinigen Steppe. Saajid erklärte, dass Eluive auch weiterhin
für sie sorgen würde und dass es nur eine vorübergehende Zeit
der Trockenheit wäre. Doch es kam anders. Die Menschen fühlten sich
immer unwohler mit der Zeit, und ihr Führer Saajid war in die Höhlen
der Berge verschwunden. Die Sonne brandmarkte ihre Haut, der Wüstensand
verbrannte ihre Füße. All diese Einflüsse veränderten die
Menschen, und über die Zeit hinweg lernten die Menschen das Überleben
in der Wüste. Wasser „ernteten“ sie aus Kakteen, Wüstenfrüchte
und Tiere stellten die tägliche Nahrung dar. Aber dies genügte den
Menschen nicht. Sie waren das warten leid und beschimpften Saajid und wollten
ihn umbringen. Saajid’s Söhne aber hielten die Menekaner zurück
und sagten dass Saajid Eluives Geschenk gefunden hatte. Es war genau das, was
das Leben in diesem land so unerträglich gemacht hatte; das Salz. Saajid
hatte in den Bergen die Salzvorkommen gefunden, nur hatte es etwas gedauert
bis er verstand wie es einzusetzen war. In der Zwischenzeit war ein halbes Götterjahr
vergangen, aber nun konnte Saajid seinem Volk erklären, wie man das Salz
abbaute und wozu man es gebrauchen konnte.

Alatar streunte in der Welt umher. Überall schienen die Menschen wieder
Frieden gefunden zu haben. Zwar gab es noch immer Streitigkeiten, aber nichts,
was man dem anderen nicht verzeihen konnte. Alatars Werk war also durch den
Tod Getares zerstört worden. Wut stieg in ihm auf und in seinem Zorn verfluchte
er ganz Alathair. Eluive hatte sich nach Nilzadan zurückgezogen um zu Trauern
vermutete der Peiniger Getares’. Ihm war es nur Recht. So hatte er Zeit
größere Pläne zu schmieden. Und diesmal würden sie von
niemandem durchkreuzt werden. Alatar hatte Getares Macht in sich aufgenommen
und er begann zu spüren wie mächtig er werden könnte, wenn er
genug Zeit hätte. Er tauchte in das Wasser Alathairs und sein gegenstandsloser
Körper versank ohne eine einzige Welle.
Unten in der Tiefe des Meeres, wo es nicht mehr weit war zum Mittelpunkt der
Welt, bereitete Alatar seinen Plan vor.
Eluive weilte in Nilzadan, doch war sie keineswegs untätig. Sie spürte
dass Alatar sich von diesem Ort fernhalten würde und damit war eins klar.
Wenn Sie ein neues Kind in die Welt setzen würde, dann würde es
hier am sichersten sein. So gebar sie Temora (Befreier), ihr drittes Kind,
eine Tochter. Ihre Gestalt glich einem Menschen, wenngleich auch sie geschlechtslos
war, wie seine Geschwister vor ihm waren seine Merkmale eher weiblich. Nun
war die Zeit gekommen! Im Geschlecht der Götter, war es üblich
nur zwei Kinder zu gebären, und Eluive merkte warum dies so war. Sie
spürte, dass
sie an Macht verloren hatte. Daher war es wichtig dass Temora erst einmal seine
Macht entdeckte bevor sie Alatar gegenüberstand. Eluive suchte nach
Alatar, denn je eher sie ihn fand, desto länger konnte sie versuchen
ihn von Temora abzulenken und versuchen ihn auf den richtigen Weg zu bringen.
Vielleicht war noch eine Tür in seinem Herzen nicht von Neid und Hass
verschlossen. Sie durchstreifte Wälder, Wiesen Berge und Täler.
Wo sie auch hinkam; Die Menschen hatten ihn entweder vergessen, oder lang
nicht mehr gesehen. Eluive begann zu zweifeln. Hatte er während ihrer
Suche nun doch Nilzadan mit seiner Bösartigen Anwesenheit entweiht
und Temora womöglich schon
getötet? Schnell eilte sie zurück und fand Temora unversehrt vor.
Gleißendes
Licht trat aus ihren Augen und ruhig sprach sie zu Eluive: „Er ist auf
dem Meeresgrund Mutter. Er bereitet das Ende vor“ Eluive glaubte ihr.
Selten wurde von sogenannten Sehern gesprochen im Geschlecht der Götter,
aber es gab sie und Temora war eine von ihnen. Sie hatten die Gabe Gedanken
zu lesen und in die Zukunft zu sehen. Eilig suchte sie das Meer und tauchte
tief, bis sie Alatar entdeckte der soeben seine Tatzenhände auf den
Meeresgrund schlug und sich ein gewaltiger Riss zwischen ihnen auftat.
Eluive tauchte um Alatar herum und in den Riss hinein, bis der Riss den
Mittelpunkt Alathairs erreicht hatte und die Welt zu zerreißen drohte.
In dieser Sekunde gab Eluive ihren Körper auf und hielt mit all ihrer
Energie die Welt zusammen. Ein gewaltiges Beben folgte und der Riss, ward
von Erde und Schlamm zugeschüttet
und begrub Eluives Körper in seiner Mitte. Alatar verfluchte seine Mutter
und auch Horteras verfluchte er, während er wieder aufs Festland kam
und sein Klagen zu den Gestirnen hinaus rief.

Das Erdbeben spürte auch Temora und tiefste Trauer erlebte sie beim Verlust
ihrer Mutter, und Wut. Auch wenn sie nicht tot war, die Tatsache, dass sie nun
nicht mehr an die Oberfläche kommen könnte, ohne dass dies den Untergang
Alathairs bedeuten würde, war die erste Erfahrung, die sie in ihrem jungen
Dasein machen musste. Sie schwor sich, dass sie alles tun würde um dem Willen
ihrer Mutter zu erfüllen. Aber die Seherin war schwach, und ihre Fähigkeiten
würden sie nicht auf einen Kampf mit Alatar vorbereiten, der da draußen
irgendwo wütete. Nilzadan war zwar sicher, aber würde es so lange sicher
sein, bis Temora gelernt hatte, ihre Kräfte einzusetzen? Hatte Alatar eventuell
schon geahnt, dass sie hier war? Ihre Kräfte konnten es ihr nicht verraten.
Sie brauchte Hilfe, allein würde sie gegen Alatar nicht lange bestehen.
Da kam ihr ein rettender Gedanke. Sie hatte ein anderes Götterwesen in der
Sphäre Alathairs gespürt. Sein Name war Horteras. Bittend versuchte
sie Kontakt aufzunehmen. „Horteras, ich bitte dich, hilf mir. Diese Welt brauch
deinen Schutz und Deine Macht“ und Horteras antwortete: „Wie du Temora bin auch
ich ein Seher. Ich warnte Deine Mutter vor der Erschaffung dieser Welt. Ich prophezeite
ihr, was kommen würde, und was sie opfern müsse. Doch ihre eigene Musik
betörter sie so, dass ich sie nicht überzeugen konnte. Nun sieh sie
dir an. Gefangen in ihrer eigenen Schöpfung. Verbannt das Erdreich von unten
zu sehen. Ich habe es kommen sehen.“ Temora war erstaunt und fragte ihn:“Was
siehst du wenn du in die Zukunft siehst? Welche Hoffnung hat Alathair?“ Horteras
schwieg. Er wusste was geschehen würde wenn er nichts tat, und um seine
Enthaltung war es bereits zu spät. Hatte er doch das Festland geteilt um
den Angurern Sicherheit zu verschaffen. Er haderte hart mit sich und die Entscheidung
fiel ihm sehr schwer. Und Temora flehte ihn an „Entsende sie, Schicke Phanodain
und Cirmias und hilf den Geschöpfen Eluives“, denn sie hatte längst
gesehen um welche Entscheidung seine Gedanken kreisten. So entsandte Horteras
seine Söhne Phanodain und Cirmias. Phanodains Gestalt glich einem Fuchs
und weise war sein Verstand und klug sein Handeln. Cirmias ähnelte einem
Bären, der aber menschliche Hände hatte. Geschickt waren Cirmias Hände,
und stark war er. Die Söhne Horteras gelangten zu Temora um sich mit ihr
zu beraten. Temora schilderte die Lage und sie schlossen den Pakt des Lichts.

Cirmias hatte den Auftrag Nilzadan zu versiegeln. Alatar sollte diese Stätte
nicht entweihen können. Doch Cirmias hatte nicht vor Nilzadan sich selbst
zu überlassen. Er schuf Wesen, welche den Berg bewachen sollten. Klein waren
sie, damit sie sich durch die Tunnel des Berges schlagen konnten, stark waren
sie, damit sie sich den Berg als Lebensraum zu Eigen machen konnten, und geschickt
waren sie, als Erbe ihres Erschaffers. Cirmias erschuf zehn Dutzend dieser Wesen
und nannte sie Khaz-Aduir (Wächter des Berges / Zwerge). Dann versiegelte
er den Berg und suchte die Städte der Menschen auf um ihnen das Verständnis
der Handwerkskunst zu geben. Auch die Nachfolger Angurs und die Bewohner des Wüstenreiches
segnete er mit dem Wissen des Handwerks, doch die Menschen schrieben alles hernieder,
und die großen Bibliotheken zeugen noch heute davon.
Phanodain erschuf Geschöpfe und machte sie den Menschen ähnlich.
Sie waren nicht von menschlicher Stärke, doch Ihre Gewandtheit ist noch
heute unübertroffen. Er schuf sie im Einklang mit der Melodie der Gestirne
und vererbte ihnen seine Weisheit. Er war zufrieden mit seinem Werk und gab
ihnen die Aufgabe das Gleichgewicht der Magie Alathairs zu wahren.
Er nannte seine Geschöpfe „Die Edhil (Bewahrer des Wissens /
Elfen)“, und hauchte ihnen den Gesang des ewigen Lebens ein. Kein Edhil sollte
sterben bevor er selbst dazu bereit war zu einem Teil der Melodie zu werden aus
der er entstanden ist, so er nicht gewaltsam dem Klang der Weltenmusik entrissen
wurde.
Dann begab er sich nach vollendetem Werk ebenso wie Cirmias zu den Völkern
der Menschen, um ihnen ein wenig Wissen mit auf den Weg geben zu können.
Alatar war auf das Treiben der Söhne Horteras aufmerksam geworden, hatte
die Erschaffung der Edhil ungesehen beobachten können und ihm kam ein
neuer Gedanke.
Aber sein Plan musste reifen. Er wartete bis 7 der von Phanodain geschaffenen
Wesen allein waren und ging in Form eines Panthers zu einigen der Lichtwesen
die ausgezogen waren um die Umgebung zu erkunden. Alatar folgte ihnen auf leisen
Pfoten, schließlich überholte er sie und stolzierte vor ihnen her.
Die Edhil, erfreut über den Anblick des Panthers, dessen Fell so herrlich
in allen Farben schimmerte, irgendwie aber immer dunkel und mysteriös
schien, folgten ihm eine Weile die harmonischen Klänge der Gestirne ignorierend,
welche sie warnte. Tief in den Wald führte er die Gruppe zu einer Lichtung.
Dort verschwand er spurlos und ließ Sie allein. Nur sein Flüstern
konnten die Sieben hören, aber nicht verstehen. Wie konnte man diese Sprache
sprechen? Wer war dieser mysteriöse Panther? All diese Fragen hätte
die Melodie der Gestirne zu beantworten gewusst, doch sie standen noch immer
unter dem Bann Alatars. Der Drang nach Wissen war stark in ihnen und somit
wuchs die Neugier und sie konnten sich nicht mehr von dem Bann lösen.
So rief einer der Gruppe „Panther, lehre uns deine Sprache“. Es kam keine Antwort
und wieder rief der Edhil „Lehre uns deine Sprache Panther!“. Die sieben sahen
sich um und die Stille im Wald war ungewöhnlich. Alle Tiere hatten wegen
des Panthers den Wald verlassen. Nur die Bäume sprachen miteinander in
tiefen knarrenden Geräuschen. Bald wurde das Rufen ein Flehen. „Panther,
bitte erhöre uns, und lehre uns deine Sprache!“ Nun kam der Panther auf
die Lichtung zurück. Er hob den Kopf und antwortete ihnen. „Lernt meine
Sprache und tut was ich euch gebiete“ Die Edhil waren skeptisch und berieten
sich untereinander. Schließlich sagte einer der Sieben: „Lehre uns deine
Weisheiten Panther und wir geloben dir zu dienen“ Die Bäume um die Lichtung
herum beklagten sich mit langem und lauten knarren. Und ein Wind fegte über
den Wald hinweg und mit einem Mal froren die Wesen. Sie beschlossen ein Feuer
zu machen und Alatar freute sich daran. Diese Geschöpfe waren ein großes
Geschenk für seine Sache. So lehrte er sie eine neue Sprache. Eine Sprache,
welche sie taub machte, für die Harmonien der Gestirne und taufte sie
in neuem Namen. Immer wieder hörten sie nur Alatar und das Gift in seinen
Worten ließ ihr Herz und ihren Verstand verkümmern. Schließlich
waren sie blind für Gerechtigkeit und Gutem und beteten zu Alatar, dass
er ihnen eine Aufgabe gebe. Doch Alatar versteckte sie im Wald und versprach
dass ihre Zeit kommen würde.
So kehrte ein wenig Ruhe ein auf Alathair. Die Menschen wandten sich an die Weisen,
wenn sie Probleme hatten, und sogar bei Rechtsprechungen war das Wort eines Edhil
immer gern gehört. Dies war eine Zeit, in der die Welt aufblühte. Und
auch die verschwundenen, sieben Verführten hatte man nach einiger Zeit vergessen.

Ruhe war eingekehrt. Oberflächlich erweckte es tatsächlich den Anschein.
Die Menschen entwickelten sich, sie schrieben ihre Erfahrungen auf, bereisten
die Welt, errichteten Prachtvolle Bauten und sammelten Wissen. Es entstanden
zwei Gemeinschaften, die sich der Magie widmeten. Die einen, bevorzugten das
Wissen zu sammeln, und dieses nur an Ausgewählte und Verantwortungsvolle
Menschen weiterzugeben. Diese wurden die Magier von Tirell genannt.. Die anderen
waren nur daran interessiert, wie aus der Magie der größte Nutzen
für sie herauskam, und dies lag in der Bedrohung anderer. Diese nannten
sich selber die Arkorither. Beide wussten von der Gewalt, die in der Magie steckte,
doch der Orden der Arkorither gierte geradezu nach der Macht, die sich dadurch
offenbarte. Kein Experiment ließen sie aus, um die Effektivität ihrer
Zauber zu erhöhen und hier und da verschwanden vereinzelt Nutztiere der
Bauern, oder gar selten kleine Kinder. Schnell wuchs der Respekt, den die Menschen
vor den Arkorithern hatten. Sie wollten nichts mehr mit ihnen zu tun haben,
und fürchteten sich gar. Die Arkorither, geführt von Korow, einem
der bösartigsten Menschen zu seiner Zeit, hatte das erkannt und auch wenn
es ihm nicht bewusst war, stand er unter Alatars Gnade, die ihn mächtig
hatte werden lassen. Und Korow sprach zu den Arkorithern: „Lasst uns die
Bauern unterjochen. Wer uns nicht dienen will, wird sterben, oder kampfunfähig
gemacht. Morgen im Morgengrauen brechen wir auf.“ Die Arkorither hatten
eine grausame Tradition. Sie schnitten sich am Abend vor einem Kampf in die
Hand und bestrichen ihre Waffen mit ihrem eigenen Blut. Oft hatten sie damit
schon vor der Schlacht eine ungeheure Angst bei den Gegnern ausgelöst und
ihre Schnittwunden heilten sie mittels der Magie über Nacht.
Der Klang von aufeinander treffendem Stahl und Energieentladungen, die durch
die Luft zuckten, waren an diesem Tag die Morgenmelodie für das Dorf Tonia.
Viele unterwarfen sich der erschreckenden Gewalt der Arkorither, die die versuchten
zu fliehen bezahlten dies mit Blut oder ihrem Leben.
Die schreckliche Nachricht um das Dorf Tonia verbreitete sich schnell und Korow
wollte sich diese Angst zu nutze machen. Ein ängstlicher Hund bellt, und
Hunde die bellen, beißen nicht, dachte er. So schnell sie wieder zuschlugen
um das nächste Dorf sich zu eigen zu machen desto besser.
Aber die Menschen in den umliegenden Dörfern reagierten. Die Schwerter,
Speere und Schilder, die ihre Behausungen schützen sollten mehrten sich
und auch nach dem Wissensorden der Magier wurde ein Bote gesandt. Wenn jemand
diesen Orden aufhalten sollte, dann nur vereinten Kräften, soviel war nun
sicher, die Nacht brach herein und man befürchtete den nächsten Schritt
gegen eines der Nachbardörfer im Morgengrauen. Als es Mitternacht schlug,
fand ein Pferd den Weg heim Tonia’s Nachbardorf Varuna. An seinem verkohlten
Sattel zog es den Unterleib eines Spähers aus Varuna hinter sich her. Alarm
wurde geschlagen und ein Reiter zu den Magiern ausgesandt. „Lasst sie
nur kommen. Wir werden unsere Vettern aus Tonia rächen.“ So versuchten
sich die Menschen aus Varuna Mut zuzusprechen. Sie stellten Schützen auf,
schickten die Frauen und Kinder auf den Weg in das Fischerdorf Bajard und bereiteten
sich vor. Wie ein Schatten bewegten sich die Arkorither in der Nacht. So dass
die Bogenschützen kein Ziel ausmachen konnten. Und endlich waren auch die
Magier eingetroffen. Ein Feuerball am Himmel erhellte die Nacht, enttarnte die
anrückenden Arkorither und die Schützen fanden ein Ziel. Zwei der
schwarz gekleideten fielen zu Boden, doch gleichzeitig entlud sich ein gewaltiger
Energieball auf einen der Schützenstände. Explosionsartig fing das
geschichtete Stroh Feuer, für den Schützen den die Salve frontal erwischt
hatte, kam bereits jede Hilfe zu spät. Wild rufend stürzten sich die
Krieger Varunas auf die Arkorither, während die Schützen eine zweite
und letzte Salve auf die Arkorither feuerten. Die Magier, die den Bewohner Varunas
zur Seite standen unterstützten die Kämpfenden und ein heftiger Kampf
brach aus. Bis in den Morgengrauen kämpften Arkorither, Tirellmagier, und
die Bürger Varunas bitter gegeneinaner. Das Feld füllte sich mit Körpern
gefallener Arkorithern und ihren Widersachern, bis sich das Kampfgeschick für
die Männer aus Varuna zuwandte. Cherom, ein stämmiger Mann, der die
Männer aus Varuna in den Kampf geführt hatte, versenkte sein Schwert
in die Schulter von Korow. Korow schrie auf, doch mit letzter Kraft konzentrierte
er Energie auf Cherom, die ihn umschlang, und seine Haut in Flammen aufglühen
ließ. Als die Arkorither sahen, dass ihr mächtiger Führer zu
Boden sank überkam sie Furcht. Mancher kämpfte mit dieser Furcht weiter,
wenn auch nicht mehr sehr effektiv, die meisten der Kriegsmagier aber flüchteten.
Und es waren ihrer nur noch eine hand voll übrig. Nachdem die verbleibenden
Arkorither überwältigt waren, traten die Männer aus Varuna und
die Magier von Tirell die Verfolgung an. Als sie bei der Feste des Ordens ankamen,
hatten sich die Arkorither verschanzt, doch die Tirellmagier schickten Flammen
bis in die höchsten Zinnen der Burg, so dass sie zusammenfiel. Vier leblose
Körper der Kriegsmagier fanden sie, und Gerüchte gingen um, dass einer
entkommen war. Doch die Bedrohung war beseitigt. Der Orden der Arkorither wurde
nie wieder errichtet, und nur die Legende der Kriegsmagier lebte weiter. Seitdem
nannten die Magier von Tirell den Sitz ihres Ordens „Halle der Macht“
und legten strengen Wert darauf, nur Auserwählte zu einem Magier auszubilden.
Die Menschheit sehnte sich nur nach einer Antwort: Würde die Zeit der Kriege
niemals aufhören?

Alatar saß stolz auf einem Bergkamm. Er sah auf die sieben herab, die
sich in Ihrer neu erlernten Sprache unterhielten. Sein Werk war vollendet, die
Letharen (Vergifter) waren geschaffen. Ihr verkümmertes Herz war bereit
für die Aufgabe die Alatar für sie hatte. Schließlich riefen
sie nach Alatar. „Wo bist du, schwarzer Panther, wo bist du Gebieter der
Sieben?“ Alatar erfüllte ihren Ruf und gebot ihnen sich zu vermehren.
„Wie sollen wir das machen“ fragten sie „wir sind alles Männer“.
„Geht“ antwortete Alathar „sucht Menschenfrauen die euch gefallen,
und schleppt sie hier her. Sie sollen Eure Kinder gebären. Benutzt aber
nicht die Sprache die ich Euch lehrte. So gingen die sieben und entführten
7 Frauen der Menschen, auf dass sie schwanger wurden und den Fortbestand der
Letharen sicherte. Die Zeit kam, dass sich einer der Letharen krank fühlte.
Er verstand die Sprache der Letharen nur noch Stückweise und konnte sie
auch nicht mehr korrekt sprechen. Phanodain, der Herr der Edhil suchte nach
den sieben. Es war Rhad’il, dessen Geist er zuerst gefunden hatte. Phanodain
gab ihm erneut die Möglichkeit Eluives Lied zu hören, auf dass er
sich besann, und wieder ein Edhil wude. Aber Alatar hatte stets ein Auge auf
die Sieben und es entging ihm nicht, was Phanodain vor hatte. „Rhad’il,
höre nicht auf ihn. Er vergiftet deinen Verstand mit Musik. Merkst du nicht,
wie er versucht dein Hirn zu erweichen?“ Rhad’il nickte Alatar zu,
der Angstschweiß stand auf seiner Stirn. Eluives Lied war zu ihm durchgedrungen
und hatte ihm gezeigt, dass er dem falschen Weg folgte. Der schwarze Panther
schlich um ihn herum und beäugte ihn beängstigend, bis er plötzlich
abdrehte und in der Dunkelheit verschwand. Die anderen sechs redeten mit ihm,
doch er verstand kein einziges Wort mehr. Sein Herz weitete sich, und Phanodains
Lebenshauch kam zurück zu ihm, doch er sagte nichts da er sich fürchtete
vor den Reaktionen der anderen.
An einer anderen Stelle plagte sich der letzte der Arkorither durch den Dschungel.
Er kämpfte sich vorwärts, da er noch fürchtete verfolgt zu werden.
Die Angst trieb ihn und er stolperte. „Alatar, hilf mir, nimm mich zu
dir, ich will dir dienen, wenn du mein leben rettest“. Und Alatar hörte
auch diesen Ruf. Er ließ eine Feuersbrunst um den letzten Arkorither entstehen
und schmetterte ein Loch in den Boden, welches so tief in die Erde ragte, wie
Nilzadan in den Himmel. Dort, im tiefsten Mal der Erde sprach Alatar zu ihm.
Was gibst du mir, damit ich dich verschone?“ „Ich bin einer der
Arkorither, ich fürchte ich bin der einzige der entkommen ist. Ich biete
dir meine Dienste an. Ich erfülle dir einen Gefallen.“ Alatar lachte,
und die Erde bebte stark. Lava stieg aus dem Boden langsam an. „Einen
Gefallen? Das klingt interesant, doch reicht es mir nicht. Gib mir dein Leben
und ich werde dir einen Schüler schenken, dem du deine Weisheiten lehren
kannst.“ Der Arkorither zögerte. Er war zwar kein Guter Mensch, doch
Alatar sein Leben zu übergeben war ihm nicht geheuer. Andererseits könnte
Alatar ihn einfach zerquetschen, oder in der immer noch steigenden Lava sterben
lassen. Als die Lava beinahe seine Füße erreichte, rief der „Ich
willige ein, mein Leben gehört von nun an Dir. Ich will tun was du gebietest,
wenn du mich rettest.“ Alatar schnappte nach dem Arkorither und sprang
mit ihm im Maul aus dem Erdloch heraus und brachte ihn zu den Letharen. Dort
sprach er zu ihnen: „Sucht einen Menschenjungen, nehmt ihm das Bewusstsein
und bringt ihn her.“ So gingen sie hinfort, und raubten jenen der Gabriel
genannt war. Alatar sprach zu ihm in der Sprache der Letharen und sein Geist
wurde ausgelöscht. Dann drehte sich Alatar zu Rhad’il um. „Du,
komm her“ sprach er. Rhad’il stockte. Hatte Alatar sein Geheimnis
herausgefunden? Mit einem Hieb von Alatars rechter Pranke fiel Rhad’il
auf den Boden neben Gabriel. Der Panther befahl den anderen ihn festzuhalten,
und sie gehorchten. Der Panther legte eine Tatze auf den Mund Gabriels und die
andere auf den Mund Rhad’ils, der sich vergebens versuchte zu wehren.
„Du hast versagt Rhad’il“ sprach der Panther und das Leuchten
aus Rhad’ils Augen verschwand und der Lebenshauch Phanodains ging auf
den jungen Gabriel über. Der letzte Arkorither, der die Zeremonie beobachtet
hatte, musste sich übergeben, denn Rhad’ils Körper glich einer
vertrockneten Weintraube, als Alatar seine Tatzen von beiden Männern nahm.
„Dieser soll dein Schüler sein“, sprach der Schwarze, dann
verließ er das Geschehen und ließ sie allein. Die Letharen betrachteten
den Arkorither genau und begannen in ihrer neuen Sprache über ihn zu sprechen.
Je länger sie sprachen, desto agressiver wurde der Arkorither und griff
die Gruppe an. Blaues Feuer hüllte ihn ein, und die Letharen wichen vor
ihm zurück. „Hört auf zu sprechen rief der Arkorither und in
seinen Händen wuchs ein Feuerball zu beachtlicher Größe heran.
Gelächter erschallte, und wie aus dem Nichts stand der Panther wieder zwischen
ihnen. „Sehr gut. Sehr gut. Sprecht mit den Menschen nur in dieser Sprache,
wenn ihr sie vergiften wollt. Achtet aber darauf mit wem ihr sprecht. Nun Arkorither.
Deine Macht kann mir von nützen sein. Du wirst erst den Jüngling unterrichten,
dann deine sechs Peiniger“ Nickend beugte sich der Arkorither und bot
den Letharen seine Dienste an. Diese waren von seiner Macht ergriffen und willigten
ein. Von da an verhielten sie sich dem Arkorither gegenüber unterwürfig,
da sie die Macht der Magie erlernen wollten. Der Pakt war geschlossen, und aus
ihm erwuchs die Bruderschaft der Klaue.

Jahre später:
Die Sonne ging auf wie an jedem Morgen. Ihr seltsames rot ergoss sich über
die Landschaft und eigentlich war das nichts Außergewöhnliches
in diesen Ländern. Doch im Laufe des Mittags verweilte das Rot an einer
Stelle und leuchtete nicht mehr von oben, sondern von unten aus dem Erdreich.
Diese Stelle, in der der Arkorither einst den Pakt mit Alatar einging, sie
war nie erloschen. Die Lava waberte umher, und nur zwei schmale sich kreuzende
Wege führten durch das heiße Gestein. In der Mitte stand der Arkorither.
Außen herum waren die Letharen versammelt. Der Mann, der einst Gabriel
geheißen hatte, stand am Rande der Zeremonie und sah zu. Die Letharen
hatten ihre Hände erhoben und es war fast so, als wenn sie grün
leuchteten. Ihre Handinnenflächen deuteten in Richtung des Arkorithers.
Und um die Zeremonie herum schlich der Panther. Jeder von ihnen murmelte die
gleichen Worte. Worte die der Panther sie gelehrt hatte und so standen sie
Tag um Tag, Nacht um Nacht. Schließlich ritzte der Arkorither einen
Schnitt in seine Hand und ließ das Blut in alle vier Lavabecken tropfen.
Es zischte und sofort verpuffte das Blut. Doch aus dem Qualm der nun emporstieg
bildete sich eine hässliche Fratze, die sich auf den Arkorither stürtze
und ihn völlig einnahm, bis er leblos zu Boden sank. Immer wieder durchfuhr
sie den Körper des Mannes und es hatte den Anschein, dass sie sich an
ihm satt fraß. Die Letharen verstummten und schauten etwas verunsichert
zu. Was sie da beschworen hatten war ihnen selbst nicht bewusst. Gabriel sah
gefühlskalt zu seinem Lehrer, der nun fast leblos da lag. Er zuckte noch
zweimal, dann fuhr die Fratze durch den Körper erneut hindurch und verschwand
im Erdreich. Plötzlich begann der Arkorither an aus jeder Pore zu bluten.
Ein Krachen begleitete diese Erscheinung und die Knochen traten aus der Haut
hervor, brachen wieder und fielen auf den Boden. Aus der Masse erhob sich
die Fratze, mit einem Blutfilm bedeckt. Größer als zuvor baute
sie sich über den Letharen auf und schaute auf sie herab. Das Blut tropfte
in die Lava und mit jedem Tropfen stieg neuer Qualm aus der Lave, der die
Fratze größer und mächtiger werden ließ.
“Kra'thor“(Tod) sprach Alatar, der nun frontal gegenüber
der Fratze stand „Dies soll dein Name sein, Dämon!“ Die Fratze
nickte boshaft grinsend, blieb jedoch stumm. „Geh hin zu den Menschen,
saug ihnen ihre Kraft aus, friss dich satt an ihnen und komm zu mir zurück,
so dass ich dir neue Befehle erteilen kann“ Kra’thor zögerte
nicht und machte sich auf den Weg. Alathar wandte sich zu den Letharen, die
zahlreich geworden waren über die Jahre hinweg „Für euch habe
ich eine andere Aufgabe. Zerstört was Eluive liebt. Bäume, Felder,
Menschen, Tiere. Tötet alles was euch begegnet und fangt hier an“
er deutete auf den umliegenden Wald, zumindest dem Teil, welcher der Lava
standgehalten hatte. Die Schar der Letharen rief zur Schlacht. Sie rüsteten
sich mit Fackeln, die sie an der Lava entzündeten um das dunkle Feuer
in den Wald zu tragen.
Zur dieser Zeit spürten die Edhil, dass etwas Grausames nach neuer Nahrung
suchte, Eluives Lied sprach davon. Es war der Tod selber, der auferweckt wurde,
die Sterblichen schon vor ihrer Zeit zu holen. Sie berieten sich und die Entscheidung
war klar. Sie würden den Menschen helfen. War ihre Aufgabe zwar das Bewahren
von Wissen, so würde es kaum noch jemanden geben, dem dieses Wissen nutzen
könnte, wenn es die Menschen nicht mehr gäbe. So bereiteten sich
die Edhil auf einen Kampf vor. Einen Kampf, den die Menschen und die Edhil
zusammen bestreiten würden. Boten wurden ausgeschickt zu den Menschen,
die verteilt lebten in den Städten. Sie mussten gewarnt werden. Im Süden
stieg Rauch auf, der Wald brannte. Der Ruf des ältesten Edhil hallte
über die Berge hinweg und wenig später fanden sich einige Einhörner
am Fuß der blauen Berge, die bereit waren die Edhil in den Krieg zu
tragen.
Der Qualm der aus dem Wald aufstieg, ließ manche der Edhil unruhig werden.
Das Lied Eluives wurde traurig, gänzlich ungewohnt. So trennte sich die
Elfenschar, und ein Teil ritt dem Feuer und den darin wartenden Letharen entgegen.
Die Einhörner ließen sie am Waldrand, und gingen zu Fuß weiter…
Kra’thor war zuerst nach Menek’Ur gegangen. Er durchstreifte
die Insel der Toten, und ward von den Menekanern nur als ein Schatten wahrgenommen,
der sich über ihr Land zog. Doch als plötzlich die Toten aus ihren
Gräbern auferstanden erschraken sie und flohen in ihre Stadt. Auch der
Palast wurde evakuiert und die Stadt als letzte Bastion vor den Toten verteidigt.
Auf Foachtero, der kalten Insel streifte er den Berg, wo die drei Begründer
und die anderen gestorbenen Angurer verwesten. Auch sie standen auf und suchten
die Lebenden heim.
Die größte Auferweckung fand jedoch in Varuna und Rahal statt.
Hunderte stiegen aus den Gräbern auf, und sammelten sich vor dem Stadttor.
Diese Ansammlung von längst verstorbenen Freunden, Bekannten und auch
Geliebten trieb den Bewohnern die Tränen in die Augen. Ihre Moral war
gebrochen. Niemand wagte es einen Pfeil auf die Toten zu schießen, denn
die meisten waren ihnen bekannt. Zuletzt bäumte sich Kra’thor als
die große Fratze vor der Stadt auf und schickte seine Toten Scharen
Richtung Stadtmauer. Nur eine kleine Schar der toten blieb an Ort und Stelle.
Sie trugen die Gewänder der Arkorither, und die Menschen aus Varuna erschraken.
Sie waren doch tot… teilweise verbrannt… wie konnten sie nun…
Und schon pochte es an das Stadttor. „FEUER“ rief der Kommandant
der Garde und Pfeile rasselten auf die wandelnden Toten herunter. Die Pfeile
schlugen in die Körper ein, oder flogen zwischen den Knochen durch. Nichts
passierte. Die Toten schlugen noch immer gegen das Stadttor, noch immer ohne
Wirkung bis schließlich Kra’thor selber sich der Stadt näherte
und das Stadttor wie einen Streichholz zerbarst, der Weg war frei. Blitze
der Arkoritherlichen zuckten auf die Stadtmauer und töten viele der Schützen,
der Kampf entbrannte heftig, und Kra’thor weidete sich an den Schmerzen
die er den Menschen ansehen konnte. Gefallene standen neu auf und griffen
ihre einstigen Mitstreiter an. Der Graf von Varuna, ein Nachfahre des Cherons,
dem Bezwinger von Korow, lies Fanfaren blasen. Er versuchte die Moral zu stärken
und eventuell hörte man diesen Hilferuf bis zu den blauen Bergen…
Verbittert kämpften Menschen in der ganzen Welt gegen ihre Widersacher,
ihre eigenen Toten Brüder, Schwestern und Freunde. Der Teil der Edhil,
der sich aufgemacht hatte um im Wald nachzusehen traf auf die mit Fackeln
brandstiftenden Letharen. Sie waren zahlenmäßig ebenbürtig
und standen sich in zwei Reihen gegenüber, und hinter den Letharen wütete
hinter einem Wall aus Rauch das Feuer ungehindert weiter. „Haltet ein
Fremde“ sprach der vorderste der Edhil, „ihr werde..“ Der
Sprecher verstummte. Ein Speer hatte ihn von der Seite in Höhe des Brustkorbs
durchbohrt und die Elfen hoben ihre Schilder, und Bögen um den Letharen
Einhalt zu gebieten. Mit lautem Gebrüll rannten Kreaturen aus dem Rauch
der dem brennenden Wald vorauseilte. Braun war ihre Haut, ihr Körper
unförmig, aber stämmig. Sie erinnerten an eine Kreuzung aus Wildschweinen
und Menschen. Viele von ihnen rannten an den Edhil vorbei und nahmen Kurs
auf die Menschenstädte, von denen bereits großes Klagen zu vernehmen
war, der Rest stürzte sich wie wild gewordene Eber auf die Edhil, die
sich endlich meisterhaft zur Wehr setzten…

Die Orks rannten ohne sich an irgendetwas aufzuhalten. Auf einen Gedanken
beschränkt waren sie der sichere Untergang der Menschen das gerade
aufgebaute Königreich stand kurz vor seinem Ende und die Stadt Manor
war der erste Stein, über die die dunkle Brandung aus Orks schwemmte.
Nichts als Ruinen, Asche, und Blut hinterließ der nicht enden wollende
Strom aus konzentriertem Hass. Mit Jubelschreien die grunzenden Schweinen
ähnlich waren feierten die Orks die erste Stadt, die sie in ihre „Kontrolle“
gebracht hatten bis ein anderes Geräusch sie übertönte. Ein
gewaltiger Wind wehte um die Orks, wie eine Windhose schloss er sie ein
und verdeckte die Sicht von Außen auf das Heer der Orks, was anfing
laut ängstlich zu quieken. Doch was an diesem Ort geschah ist bis heute
nicht bekannt, doch zerstreute es die Orks in alle Teile des Landes, und
sie fanden nie zu ihrer einstigen Stärke zurück.
Die Edhil in den Wäldern hielten stand und konnten die Orks in die
Flucht schlagen, die zurückgeblieben waren. Die Letharen zogen sich
ebenfalls zurück, jedoch nicht ohne noch ihre Fackeln in die Bäume
zu werfen. Die Edhil begannen den Wald zu sichern. Sie schlugen brennende
Äste ab, Magier beschworen einen Eisregen, der die Flammen löschen
sollten und Bogenschützen eilten um Wasser aus dem nächsten
See zu schöpfen. Die Gefallenen Elfen wurden geborgen, ihre Gegner
wurden in die Glut geworfen. Der Wald war gerettet, zwar hatte er viel
erleiden müssen, doch das gröbste Übel konnte abgewendet
werden. Die Edhil blieben vorerst im Wald, um ihn zu schützen, falls
die Letharen zurückkamen.
Die Untoten stürmten noch immer Varuna und eine Schar hatte sich auch
nach Bajard aufgemacht. Die Arkoritherlichen sendeten Geister in die Städte,
die durch Wände gingen. Sie zerrten die Seelen aus den Lebenden und
brachten sie Kro’thar, der sie in sich aufnahm und sie zu neuen Geistern
machte. Bald gab es in Varuna und Rahal keinen Mann und keine Frau mehr
am Leben und die Toten herrschten über das Menschenreich auf der Insel
Gerimor
Zu spät trafen die Edhil auf ihren Einhörnern ein. Kra’thor,
der an Macht einem Gott nun ebenbürtig war schaute auf sie herab. Nach
einem Fingerzeig von Kra’thor machten sich einige Geister aus, die
Seelen der Edhil zu holen, doch die Zauber der Edhil hielten sie fern. Kra’thor
wurde nervös. Nun schickte er die wandelnden Toten der Schlacht zu
den Elfen. Doch die Elfen blieben furchtlos und schlugen die Willenlosen
zu Boden. Einer der Elfen ritt gen Kra’thor und sprach mit ruhiger,
aber starker Stimme „Gib auf, Dämon. Deine Macht hat hier ein
Ende. Nimm diese, die du genommen hast, und begib dich zur Ruhe, auf dass
man dich nie wieder wecke.“ Die Worte verhallten auf dem Schlachtfeld.
Die Toten wankten leicht hin und her, wie Marionetten an einem einzigen
Faden, gesteuert von Kra’thors Willen. Kra’thor blieb stumm,
bis sich ein gleißendes Licht zwischen ihm und den Elfen auftat. Kra’thor
schrie auf, die Dämonenfratze verschwand im Boden, und das Blut welches
seinen Körper umhüllt hatte blieb auf dem Gras liegen und versteinerte
augenblicklich. Das gleißende Licht formte sich zu einer Gestalt und
währenddessen versuchten auch die Toten und die Geister zu fliehen.
Die Elfen stiegen von ihren Einhörnern und verbeugten sich vor Temora,
denn sie war es selbst die dort stand. Dröhnend, aber nicht unangenehm
ertönte Temoras Stimme: „Wie auch ihr, bin ich zu spät gekommen
um den Stadtbewohnern zu helfen. In meinem Namen.. sucht die Überlebenden
und schützt sie mit Eurem ..“
Der schwarze Panther stürzte sich auf die Reihe der Elfen und zerquetschte
ein Drittel von ihnen. Als er mit der Pranke ausholte hielt Temora dagegen.
Für einen offenen Kampf war sie nicht stark genug, hatte sie seinen
Angriff doch noch nicht einmal vorrausgesehen. Nun war es zu spät.
Der Kampf der Götter war gewaltig. Pranken des Panthers trafen auf
bloße Hände. Wenn Temora getroffen wurde spien Blitze aus ihrer
Haut, die sich in Alatars Haus brannten, und wo der Kampf sie hinführte,
hinterließen sie eine Schneise der Verwüstung. Bäume knickten
um, Felsen wurden verschoben, und das Wasser wich beiseite. Nicht lang kämpften
die beiden und mehr und mehr wurde deutlich, dass Alatar seiner Schwester
überlegen war. Das gleißende Licht wurde schwächer, und
Temora lag schließlich ermattet am Boden. Alatar bäumte sich
über ihr auf. „Weißt du wie lang ich auf diesen Augen blick
gewartet habe, ganz Alathair wird sich meinem Willen beugen, Eluive, gefangen
im steinernen Herzen dieser Welt, wird nichts dagegen tun können. Kannst
du dir die Qualen vorstellen, die sie erleiden muss, wenn sie daran denkt,
wem sich nun alle Geschöpfe beugen?“ Hämisch begann der
Panther zu lachen. In dieser Sekunde der Ablenkung fasste sich Gelmir Ancalime,
einer der Edhil ein Herz; er rannte los um Temora zu Hilfe zu kommen. Er
selber konnte sicher nicht viel ausrichten gegen den Hasseigner, doch der
Mut trug ihn immer schneller zu Temora, sein Schwert vor Alatar verdeckt.
Alatar wurde auf den Elfen aufmerksam und sobald er in Reichweite fegte
seine Pranke ihn hinweg, und schleuderte ihn in die Reihe der übrigen
Elfen, die dort gebannt der Dinge harrten, wo er und weitere durch den gewaltigen
aufprall starb. Sein Schwert aber, konnte er kurz vor dem Prankenhieb Richtung
Temora schleudern, die aufmerksam genug war um es zu fangen. Es war nicht
sehr groß, verglichen mit der Hand Temoras, aber es reichte aus Alatar
mit einem Stich arg zu verletzen. Der gepeinigte schrie auf. Sein Zorn erstarb
in ohnmächtiger Schwäche die der Schmerz in ihm auslöste.
Das Schwert glühte als Temora es aus der Wunde herauszog. Alatar zog
sich zurück, zu stark verletzt um weiter zu kämpfen und unendlich
zornig über seine erneute Niederlage, sein Jaulen ward noch lang gehört
in dieser Nacht. Gelmir war Tod und hatte mit seinem Körper zwei weitere
Edhil bei seinem Aufprall mit in den Tod gerissen. Temora aber hatte dank
seiner Hilfe gesiegt. Das Schwert glühte noch immer, und es würde
noch so lange glühen, bis alles Klagen über diesen Krieg verstummt
war. Temora senkte das Schwert in den Boden und rief die Fratze, die bei
Ihrem erscheinen verschwunden war. „Kra’thor“ rief sie,
bis die Fratze sich langsam aus dem Boden schlich. Ängstlich versuchte
sie immer an Temora vorbeizublicken, was sie noch hässlicher machte.
„Seelenfresser, der der dich rief ist besiegt, fürderhin wirst
du tun was ich dir gebiete“ Ein markerschütternder Schrei erfüllte
das Schlachtfeld, doch als Temora das Schwert hob, erstarb er klanglos.
Der Seelenfresser antwortete mit geisterhafter Stimme „Was gebietest
du?“ „Von nun an seist du der Seelenhüter, doch hole sie
nicht vor ihrer Zeit. Solltest du dagegen verstoßen wird es keinen
keine Alternative zu deinem eigenen Tod geben. Entsage deinem Beschwörer
und gelobe deine Treue, oder geh hinab zu Eluive und verbrenne in ihrem
ewigen Feuer“. Ein erneuter gequälter Schrei bestätigte
Temoras Forderungen und die Fratze löste langsam ihre Gestalt und nahm
die Form eines großen Raben an, der sich in die Lüfte erhob und
fortan nicht mehr gesehen ward.
Die Edhil brachten ihre Toten zur Ruhe und beweinten ihr Schicksal. Anschließend
ritten sie durch das Land, sie suchten die Menschen zusammen die noch immer
klagend umherirrten, noch immer auf der Flucht vor den lebenden Toten. Sie
brachten sie zurück in die Stadt wo ein gewisser Schutz noch gewährleistet
war. Noch immer wandelten die Toten umher, doch hatten sie kein Ziel mehr,
auf dass sie sich konzentrierten. Der Wiederaufbau der Städte begann,
und der Schrecken wurde in einem Denkmal gebannt, welches den Bund zwischen
Elfen und Menschen beschrieb
Eluive, die noch immer im Herzen Alathairs weilte, damit Alathair nicht
auseinanderbräche, segnete die Edhil die den Wald geschützt hatten
und ihm nun halfen wieder zu genesen. Der Wald erhörte fortan die Bitten
diesen Edhil, und dieses Zusammenspiel ließ die Elfen nicht mehr los.
Gebannt waren sie von dem Einklang, der sich ihnen nun auftat. Die Letharen
aber verfluchte sie. Nie wieder würden sie auch nur annäherungsweise
ihr Lied hören, und brandmarkte alle von ihnen mit der Farbe der Nacht,
auf dass man sie schnell erkannte, und sich vor ihnen in acht nahm.
Auch auf den Insel Menek’ur und Fuachtero, der Insel der Angurer
waren die Verluste an den Völkern groß. Die Toten hatten einen
hohen Tribut gefordert, den es nun auszugleichen galt.
Die Jahre des Wiederaufbaus begannen, Generationen gingen und neue kamen.
Und je stiller die Jahre ins Land zogen, desto mehr geriet Alatar in Vergessenheit,
und die Angst einer neuen Teufelei mir ihm.
Hatte der Panther diese Welt ganz verlassen? Oder einfach aufgegeben und
schaute resiginierend dem Treiben seiner Orks und Letharen zu? Was wurde
aus Gabriel, dem einen der vom letzten Arkorither unterrichtet wurde? Was
würde der nächste Streich der Letharen sein?
Die Zeit würde es zeigen…
© Seer Amun
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